4.10.2023 Stolpersteinverlegung für die Familien Herz und Przybilla
Am 13. März 1933 musste Alice Jeanette Herz, Tochter einer jüdischen Kaufmannsfamilie, gemeinsam mit ihrer Tochter Helga Mahlsdorf verlassen. Erst ging es in die Schweiz, dann nach Frankreich, doch auch dort waren sie nicht sicher. Schließlich gelang Mutter und Tochter die Flucht in die USA, wo sie vor den Nationalsozialisten sicher waren. Es ist eines von vielen Schicksalen aus der Zeit des NS. In den kommenden Tagen gibt es mehrere Gelegenheiten, sich damit zu beschäftigen, was während dieses dunklen Kapitels der deutschen Geschichte hier im Bezirk geschehen ist.
Am Freitag (6. Oktober) werden Stolpersteine verlegt für Alice und Helga Herz und für das Ehepaar Charlotte und Johann Przybilla. Die Steine für das Ehepaar Przybilla werden um 9 Uhr vor der Wielandstraße 20 verlegt, die für Alice und Helga Herz um 9.20 Uhr vor der Akazienallee 3. Johann Przybilla war Kohlenhändler und Mitglied der KPD. In der Nacht des Reichstagsbrandes 1933 wurde er von der SA verschleppt. Im Oktober desselben Jahres wurde er wegen Beherbergung politisch Verfolgter verhaftet und zu einem Jahr und fünf Monaten Zuchthaus verurteilt. Doch auch nach seiner Entlassung engagierte er sich weiter im Widerstand gegen das NS-Regime. Am 23.3.1945 starb er im Zuchthaus Brandenburg. Seine Frau Charlotte engagierte sich in der Frauenarbeit der KPD und beim Arbeiter-Samariterbund. Auch ihr wollten die Nazis 1943 den Prozess machen. Ein Schlaganfall entpuppte sich als „Glücksfall“: Deswegen konnte der Prozess gegen sie nicht durchgeführt werden. Sie überlebte die NS-Zeit und starb 1953.
Während der NS-Zeit wurden in Marzahn-Hellersdorf nicht nur Menschen verfolgt, sondern auch interniert, nämlich im “GBI-Lager 55” in Kaulsdorf. Am Mittwoch (11. Oktober) hält der Historiker Thomas Irmer einen Vortrag über die Geschichte des Lagers im Bezirksmuseum. „Aus kriegswichtigen Gründen“, so schrieb 1942 ein Mitarbeiter der NS-Sonderbehörde „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt“ (GBI) an einen Landwirt in Kaulsdorf, werde ein Grundstück des Bauern an der Hellersdorfer Straße für die Errichtung eines Barackenlagers benötigt. Von 1942 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurden hier Zwangsarbeitende interniert. Der Vortrag beginnt um 18 Uhr.
Auch gegen heutige Formen der extremen Rechten engagieren sich Menschen im Kiez: Am Dienstag (10. Oktober) findet im Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte die Sitzung des „Bündnisses für Demokratie und Toleranz am Ort der Vielfalt Marzahn-Hellersdorf“ statt, und zwar von 17 bis 19 Uhr. Themen an diesem Tag sind unter anderem ein bezirklicher Aktionsplan gegen LSBTIQ*-Feindlichkeit. Das Thema drängt im Bezirk: Neonazis der Partei Dritter Weg haben vor einigen Monaten den Queer Pride in Marzahn gestört und kurz darauf Teilnehmende des CSD angegriffen. Auch sollen Aktivitäten zum 85. Jahrestag der Reichspogromnacht geplant werden. Wer an der Sitzung teilnehmen möchte, kann sich bis Montag (9. Oktober) per E-Mail anmelden.