2.07.2020 „Respekt und Menschenrechte sind nicht exklusiv!“

Pressemitteilung vom 02.07.2020

Gemeinsame Presseerklärung der Berliner Bezirke, des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD) und des Berliner Entwicklungspoltischen Ratschlags (BER)

„Respekt und Menschenrechte sind nicht exklusiv!“

Berliner Bezirke und zivilgesellschaftliche Akteur*innen sind beunruhigt über die Berichte von sogenannten “LGBT-freien-Zonen” in Polen
Eine Vielzahl polnischer Städte und Gemeinden haben sich zu sogenannten “LGBT-freien Zonen” erklärt. Die Unterzeichnung entsprechender Erklärungen hat zu einer hohen Besorgnis unter kommunalen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen in Berlin und seinen Bezirken geführt.
Der Umstand, dass national-konservative und rechte Politiker*innen, Akteur*innen und Kirchenvertreter*innen homo- und transphobe Propaganda in Polen betreiben, ist nicht neu. Nach persönlichen Angriffen auf Teilnehmende von Paraden zur Gleichstellung und Denunzierungen von Aktivist*innen, sind amtliche Beschlüsse eine weitere nicht-akzeptable Form der Ausgrenzung.

Insgesamt acht Berliner Bezirke besitzen oftmals langjährige, kommunale Partnerschaften mit polnischen Gemeinden und Bezirken. Nach den vorläufigen Kenntnissen hat bereits 2019 mit Poniatowa erstmals eine bezirkliche Partnerstadt eine entsprechende Erklärung unterzeichnet. An dieser Stelle bekräftigen alle mitzeichnenden Institutionen nachdrücklich, dass die beschriebenen aktuellen Entwicklungen eine Gefahr für die bestehenden vertrauensvollen Partnerschaften, aber auch zukünftigen Zusammenarbeiten, darstellen.

Nadja Zivkovic, Wirtschaftsstadträtin und zuständig für Angelegenheiten der EU im Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin: „Unser Bezirk ist seit mehr als 28 Jahren über die Partnerschaft mit der Stadt Tychy mit Polen verbunden. Grundlagen der Beziehung, die von Zivilgesellschaft und Verwaltung getragen wird, waren und sind Verständigung, Unterstützung, Austausch und Kooperation im Sinne der gemeinsamen europäischen Rechte, Werte und Gedanken. Insofern verurteilen wir die Diskriminierungen und Anfeindungen von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, die seit geraumer Zeit in einigen polnischen Woiwodschaften, Gemeinden und Städten stattfinden.“

Die Berliner Bezirksverwaltungen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen setzen sich für Vielfalt und sexuelle Selbstbestimmung in ihren Bezirken und explizit gegen strukturell diskriminierende Verwaltungsbeschlüsse ein. “Diese Haltung gilt es jetzt zu betonen und in Kooperation mit den Partnergemeinden, die mögliche Einflussnahme auf das Vorbeugen oder die Rücknahme etwaiger Erklärungen zu besprechen” betont Michael Jopp, Berliner Fachpromotor für Kommunale Entwicklungspolitik. “Für jede kritische Haltung erhalten die Partner-Gemeinden und Berliner Bezirke unsere Solidarität” so Jopp weiter.

Der LSVD Berlin-Brandenburg begrüßt die ersten kritischen Äußerungen und Distanzierungen von Berliner Bezirken wie im Fall Steglitz-Zehlendorf.

Gleichzeitig fordert auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Berlin-Brandenburg die Berliner Bezirksverwaltungen auf, mit den Partnerstädten in einen kritischen Austausch zu treten. „Der Berliner Bezirke sollten in allen Gesprächen, Begegnungen und Kontakten mit polnischen Vertreter*innen die Ausrufung dieser Zonen offiziell kritisieren. Die vorhandenen Städtepartnerschaften sollten genutzt werden, um einen kritischen Dialog zu starten und aufrechtzuerhalten. Auf allen Ebenen des Austausches sollte geprüft werden, wie die Freiheitsrechte von LSBTI im europäischen Miteinander gestärkt werden können“, so Yasmine-Blanche Werder, Vorständin des LSVD Berlin-Brandenburg.

Jörg Steinert (LSVD Berlin-Brandenburg)

Michael Jopp (Fachpromotor für Kommunale Entwicklungspolitik / BER)

Quelle