6.05.2020 Interview mit Martina Polizzi STZ Marzahn-Mitte/Volkssolidarität
Die Kampagne Solidarische Kieze Marzahn-Hellersdorf befragt ab sofort Bürger*innen, soziale Träger und Einrichtungen sowie zivilgesellschaftliche Akteur*innen zum Thema Solidarität und Umgang mit der Corona-Krise in den Kiezen und Nachbarschaften unseres Bezirkes. Wenn Ihr Euch an unserer Kampagne beteiligen möchtet oder Lust habt Euch von uns zu Eurem Engagement befragen zu lassen, schreibt uns einfache eine Mail an: koordinierungsstelle-mh@pad-berlin.de
Interview mit Martina Polizzi (M.P.) vom Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte (Volkssolidarität)
Habt Ihr bereits von der vor kurzem gestarteten Kampagne „Solidarische Kieze in Marzahn-Hellersdorf“ (https://buendnis.demokratie-mh.de/solidarische-kieze/) gehört?
M.P.: Ja. die Kampagne ist uns bekannt.
Was haltet Ihr von der Idee? Könntet Ihr Euch vorstellen Euch daran aktiv zu beteiligen, z.B. indem Ihr z.B. eigene Formate mit dem frei zur Verfügung stehenden Kampagnenlogo kennzeichnet?
M.P.: Wir unterstützen die Idee und werden eigene Formate mit dem Kampagnenlogo kennzeichnen.
Was versteht Ihr heute unter dem Begriff „Solidarität“? Ist das für Euch noch zeitgemäß und falls ja, wie kann oder sollte praktische Solidarität in diesen schwierigen Zeiten aussehen?
M.P.: Solidarität bedeutet füreinander da zu sein, besonders Schwächere und Benachteiligte in der Gesellschaft zu unterstützen. Ein gutes Beispiel ist die Solidarität durch Futterspenden für den Spielewald vom der Spielplatzinitiative Marzahn.
Wie schätzt Ihr aktuell die soziale Situation in den Stadtteilen und Kiezen unseres Bezirks ein? Wie nehmt Ihr die Stimmungslage in den Nachbarschaften wahr? Was sind aktuell die dringendsten Bedürfnisse der hier lebenden Menschen?
M.P.: Das Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte ist Koordinierungsstelle für das bürgerschaftliche Engagement in der Corona Zeit geworden. Von Beginn an haben wir mit der Freiwilligen Agentur Marzahn-Hellersdorf eng zusammengearbeitet, um uns auf die Vermittlung von Hilfsangeboten vorzubereiten. Toll fand ich die Initiativen vom DRK und dem M3 für Einkaufsdienste und Fahrdienste, an die wir Hilfesuchende vermitteln konnten. Erfreulich ist die Tatsache, dass sich mehr Freiwillige gemeldet haben, als Hilfesuchende, Den Kontakt zu den Nutzer*innen des Stadtteilzentrums haben wir weitestgehend per Telefon und E-Mail aufrecht erhalten. Besonders ältere und einsame Menschen freuten sich über diesen Kontakt und die Möglichkeit, sich auszutauschen. Da unser Nähcafé nicht mehr besucht werden konnte haben wir mit den uns bekannten Frauen eine WhatsApp-Gruppe gegründet und beschlossen Behelfsmasken von zu Hause zu nähen, um die Pflegekräfte, die diese dringend für ihre Arbeit benötigten zu unterstützen. Dazu haben wir einen Spendenaufruf gestartet. Mehrmals pro Woche wurden die Matrerialspenden (Stoffe, Bettwäsche, Gummiband, Aktendullis) im Stadtteilzentrum entgegen genommen und dann an die fleißigen Frauen in ihren Wohnungen verteilt. Auch die Nähmaschinen aus dem Nähcafè haben wir herausgegeben. Bis zu 12 Frauen mit und ohne Migrationshintergrund haben sich an der Aktion beteiligt. Mehr als 3000 Behelfsmasken wurden in ehrenamtlicher Arbeit gefertigt und an soziale Einrichtungen, Pflegeeinrichtungen und Flüchtlingsheime verteilt. Auch mit dem BENN-Team vom Blumberger Damm haben wir kooperiert, hier haben wir Material und Schnittmuster und Nähanleitungen zur Verfügung gestellt, damit auch in den Flüchtlingsunterkünften Masken genäht werden konnten.
Zu Beginn der Coronakrise war das Wort „Solidarität“ plötzlich in aller Munde und es entstanden viele neue Nachbarschaftsstrukturen und Hilfsangebote. Auch hier im Bezirk gab und
gibt es vom gemeinsamen Nähen von Community-Masken über Gabenzäune und Einkaufshilfen für hilfebedürftige Menschen eine Menge positive Ansätze von gegenseitiger Hilfe. Wie verhindern wir, dass diese positiven Ansätze von solidarischen Handeln durch die zunehmenden Verschwörungsmythen, verstärkten Rassismus und von Rechten vereinnahmten sogenannten „Hygienedemos“ verloren gehen und die gesellschaftliche Spaltung und Polarisierung in der Post-Coronazeit wieder bzw. weiter zunimmt?
M.P.: Es muss uns gelingen die positive Einstellung zu behalten, mit der Solidarität auch nach Corona nicht nachzulassen. Einsame, kranke und ältere Menschen werden sich immer über einen Anruf oder ein Hilfsangebot freuen. Lasst uns kreativ sein und neue Ideen entwickeln um Menschen in unseren Bezirk zusammen zu bringen.
Was sollte besser laufen im Bezirk? Welchen Beitrag könnte dazu die laufende Kampagne leisten?
M.P.: Ich lebe und arbeite gern in unserem Bezirk. Es gibt zahlreiche gute Initiativen im Bezirk, nicht alle sind bekannt. Wir müssen öfter über den Tellerrand des eigenen Kiezes hinausschauen und uns vernetzen. Dazu braucht es nicht noch mehr zeitraubende Vernetzungsrunden. In den letzten Wochen haben wir gelernt öfter mal wieder zum Telefonhörer zu greifen, oder uns per Telefon- und Videokonferenz effektiv auszutauschen.
Vielen lieben Dank, dass Ihr Euch die Zeit zur Beantwortung unserer Fragen genommen habt! Wir würden uns sehr darüber freuen, wenn Ihr Euch in der kommenden Zeit in der einen oder anderen Form an unserer Kampagne beteiligt. Ansonsten stehen wir auch jederzeit unterstützend zur Seite.
Mit solidarischen Grüßen – AG Solidarische Kieze
Kampagne solidarische Kieze in Marzahn-Hellersdorf
Facebook: www.facebook.com/solidarischekiezemh/
Bündniswebsite: https://buendnis.demokratie-mh.de/solidarische-kieze/