5.03.2021 Bündnis für Demokratie und Toleranz Marzahn-Hellersdorf positioniert sich

Ein Jahr Corona – und Deutschland hat es bisher nicht geschafft, die Ausbreitung des Virus maßgeblich einzuschränken. Besonders bedenklich ist darüber hinaus:

Zahlreiche Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung haben das gewohnte Leben erheblich verändert. Und: Die Einschränkungen treffen Menschen unterschiedlich hart.

Für Menschen mit kleinen Einkommen oder im Transferleistungsbezug ist der Wegfall von Schulspeisungen und Tafeln eine enorme zusätzliche Belastung des Budgets. Oft sind die finanziellen Mittel, die für die Lebenshaltung zur Verfügung stehen, bereits Mitte des Monats verbraucht.

Um das Familieneinkommen zu sichern, müssen Eltern, meistens die Mütter, weiter ihrem Beruf nachgehen und gleichzeitig ihre Kinder im Vorschulalter zuhause betreuen. Schulkinder müssen ganz oder zeitweise zuhause unterrichtet werden. Das bringt viele an den Rand ihrer physischen und psychischen Kräfte. Dadurch sind besonders Alleinerziehende belastet. Zudem stehen Familien mit geringen Einkommen häufig die für den Online-Unterricht notwendigen Endgeräte nicht zur Verfügung. Werden diese aus staatlichen Mitteln zur Verfügung gestellt, fehlen oft die technischen Voraussetzungen zu einer störungsfreien Verwendung.

Bei kleinen und mittleren Unternehmen kommen die versprochenen staatlichen Hilfen häufig zu spät an. So wurden die so genannten Novemberhilfen häufig erst im Januar oder Februar ausgezahlt. In vielen Fällen reichen sie auch nicht aus, um die Einbußen wirklich auszugleichen und den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

Beratungsstellen für besonders verletzliche Menschen, etwa Menschen mit Gewalt- oder mit Flucht- und Migrationserfahrung, können ihren Aufgaben nicht in der gewohnten Art und Weise nachkommen. Zudem sehen sie sich mit völlig neuen, kaum zu bewältigenden Aufgaben konfrontiert.

Viele, besonders alleinlebende Menschen, vereinsamen durch die Kontaktbeschränkungen. Besonders betroffen sind ältere Menschen, weil viele von ihnen nicht mit den virtuellen Kommunikationsmöglichkeiten vertraut sind. Hinzu kommt: Ältere Menschen klagen darüber, dass ihnen – obgleich fit und aktiv – in der Krise durch die Etikettierung „besonders gefährdet“ ein Bild als „Opfer“ zugeschrieben wird, das ihrem Selbstbild nicht entspricht.

Mit dieser Situation hat sich das Bündnis für Demokratie und Toleranz Marzahn-Hellersdorf auseinandergesetzt. Und hält fest: Diesen Herausforderungen haben sich zahlreiche Menschen im Bezirk mit Engagement und Fantasie gestellt.

  • Gemeinsam mit den Stadtteilzentren koordiniert die FreiwilligenAgentur Marzahn-Hellersdorf nachbarschaftliche Hilfe über eine Corona Hotline. Über Webseite und Telefon können Hilfesuchende und Freiwillige, die Unterstützung geben wollen, sich dort melden. Zwischen den Gemeldeten werden Kontakte hergestellt.
  • Seit Februar 2021 gibt es den telefonischen Besuchsdienst für Senior:innen, organisiert vom Seniorenbüro mit Unterstützung der FreiwilligenAgentur MH.
  • Alle Stadtteilzentren machen Angebote und vermitteln zu Nachbarschaftshilfen, unter anderem in Zusammenarbeit mit der Tafel.
  • „Quarantäne-Engel“ vom DRK Nordost helfen, wenn Menschen in der Corona-Pandemie Hilfe benötigen. Sie stehen für Nachbarschafts- und Einkaufshilfe ebenso zur Verfügung wie zum Verteilen von Lebensmittelpaketen. Durch die Feldküche wird kostenloses warmes Essen bereitgestellt, und am Bürgertelefon werden Informationen vermittelt und Fragen beantwortet.
  • Auch die im Bezirk politisch Verantwortlichen reagieren auf die Situation. Beispielsweise sind Jugendfreizeiteinrichtungen und Stadtteilzentren für Beratungsangebote geöffnet. Das gilt auch für das Bezirksamt, insbesondere das Gesundheitsamt. Über die Stadtteilzentren werden auch die vom Senat von Berlin für besonders Bedürftige zur Verfügung gestellten medizinischen Masken verteilt. Bei all diesen Angeboten müssen Schutzmaßnahmen eingehalten werden.

Zugleich hält das Bündnis fest:

Zu fordern ist, dass auf Bundes- und Landesebene generell

  • Hilfen tatsächlich unbürokratischer und schneller als bisher zur Verfügung gestellt werden;
  • Beratungsstellen und Hilfesysteme aktuell und nachhaltig besser ausgestattet werden;
  • passgenaue Hilfen für die besonders stark Betroffenen angeboten werden.

Es hilft nicht bei der Bewältigung der Corona-Pandemie,

  • mit den Ängsten von Menschen zu spielen;
  • die Lage zu nutzen, um sich parteipolitisch zu profilieren, populistisch zu hetzen und damit den im Kampf gegen die Pandemie notwendigen gesellschaftlichen Zusammenhalt zu torpedieren;
  • Verschwörungserzählungen zu verbreiten, die die Gefährlichkeit der Situation, die durch das Virus und seine Mutanten entstanden ist, verharmlosen;
  • wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse ohne nachvollziehbare Begründung in Frage zu stellen oder gar lächerlich zu machen;
  • lautstark zu protestieren, ohne Alternativen aufzuzeigen. 

Was vielmehr hilft, ist

  • Unterstützung jedweder Art anzubieten – und anzunehmen;
  • Kontakte mit denjenigen, die unter Einsamkeit leiden, unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen zu pflegen;
  • konstruktive Kritik zu üben;
  • das Gespräch miteinander zu suchen, gerade auch mit denjenigen, die sich durch Kritik an der Kritik unter Druck gesetzt fühlen;
  • besonnenes Handeln, um sich selbst und andere zu schützen;
  • die Hygienemaßnahmen einzuhalten, um sich und andere zu schützen und das Gesundheitssystem nicht übermäßig zu strapazieren;
  • dafür zu werben, dass die Menschen die hoffentlich bald für alle zur Verfügung stehenden Impfungen nutzen – zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz aller anderen.

Wir stehen ein für ein solidarisches Miteinander in den Nachbarschaften und Kiezen von Marzahn-Hellersdorf. Dies versuchen wir unter anderem im Rahmen unserer Bündniskampagne „Solidarische Kieze in Marzahn-Hellersdorf“ umzusetzen und freuen uns sehr über eine aktive Beteiligung.

Marzahn-Hellersdorf, 05. März 2021

Bündnis für Demokratie und Toleranz am Ort der Vielfalt Marzahn-Hellersdorf

ViSdP: Henny Engels, SprecherinBündnis für Demokratie und Toleranz Marzahn Hellersdorf (demokratie-mh.de)

BfDT M-H (PM 43)_Marzahn-Hellersdorf stellt sich Herausforderungen der Corona-Pandemie